Menschenrechts-Gerichtshof: Türkei diskriminiert Aleviten

MENSCHENRECHTE

Menschenrechts-Gerichtshof: Türkei diskriminiert Aleviten

Die Glaubensgemeinschaft wird in ihrer türkischen Heimat vom Staat benachteiligt. So lautet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der Regierung in Ankara dürfte der Richterspruch missfallen. 

Die Türkei verletzt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die schätzungsweise 20 Millionen Aleviten im Land in ihrem Recht auf Religionsfreiheit. Sie würden ohne objektive und einsichtige Rechtfertigung anders behandelt als die Mehrheit der sunnitischen Muslime, entschieden die Straßburger Richter.
Damit hatte eine Beschwerde von mehr als 200 Aleviten Erfolg, die sich in der Türkei wegen ihres Glaubens diskriminiert fühlen. Sie wollten unter anderem erreichen, dass ihre Gebetshäuser und Gottesdienste offiziell anerkannt werden. Ein entsprechendes Gesuch der liberal-islamischen Religionsgemeinschaft hatte die Regierung in Ankara im Jahr 2005 zurückgewiesen. Türkische Gerichte bestätigten diese Entscheidung später.

Zweitgrößte Religionsgemeinschaft der Türkei

Die Angehörigen der alevitischen Glaubensrichtung sind nach den Sunniten die zweitgrößte islamische Religionsgemeinschaft. Sie gelten als liberal-islamisch und legen den Koran nicht wörtlich aus. Im Mittelpunkt ihrer Lehre steht der Mensch als eigenverantwortliches Wesen. Zu den alevitischen Grundwerten gehört die Toleranz gegenüber anderen – ganz gleich, welcher Religion und Nation ein Mensch angehört. Frauen und Männer sind gleichgestellt und beten in ihren Cem-Gebetshäusern in einem Raum. 

Tausende Aleviten demonstrierten im vergangenen Jahr in Istanbul für mehr Rechte

Für Aleviten gelten nicht die fünf Säulen des Islam: Sie pilgern nicht nach Mekka, fasten nicht im Ramadan, beten nicht fünfmal am Tag, zahlen keine Almosensteuer und legen nicht das sunnitische Glaubensbekenntnis ab. In Deutschland sind die Aleviten als Religionsgemeinschaft anerkannt.

cw/as (dpa, rtrf)

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